Burger Journal 07 - April 2022

Das einjährige Berufkraut und das kanadische Berufkraut sind in Burgdorf weit verbreitet. gefährdeter heimischer Arten ins Zentrum stellt, sondern eine globale Herausforderung, mit grosser Tragweite für alle Ökosysteme. DAS EINJÄHRIGE BERUFKRAUT «Wo sich das einjährige Berufkraut einmal ausbreitet, wächst sonst gar nichts mehr», erzählt Fritz Iseli, der sich in der Abteilung Liegenschaften und Domänen der Burgergemeinde Burgdorf um das Neophytenproblem kümmert. Das lieblich anzuschauende, ursprünglich aus Nordamerika als Gartenpflanze importierte Berufkraut ist eine jener invasiven Pflanzenarten, die einheimische Pflanzengemeinschaften komplett verdrängen können. Dies schaffen sie durch ihre sehr lange Blütezeit und die Tatsache, dass sie sehr früh im Jahr eine riesige Menge Samen bilden, welche auch ohne Befruchtung keimfähig sind. So kann sich aus einer einzigen Pflanze ein ganzer Bestand bilden, der grosse Flächen einzunehmen vermag. Und weil die Samen mit winzigen Schirmchen versehen sind, werden sie vom Wind leicht in andere Gebiete getragen. Kommt dazu, dass sich das einjährige Berufkraut, das übrigens äusserlich der Kamille gleicht, als äusserst robust erwiesen hat. Trockene Sommer übersteht es offensichtlich wesentlich besser als andere Kräuter. So verbreitet es sich zunehmend an Wegrändern, an Ufern, an Sickerungen, auf Brachen und in Gärten. Es dringt aber auch immer mehr in empfindliche Gebiete wie Magerwiesen ein, wo es bereits selten gewordene einheimische Pflanzen verdrängt. Auch auf Weiden kennt es keine Grenzen und keine natürlichen Gegner. Es ist zwar nicht giftig, wird aber trotzdem vom Vieh gemieden und kann deshalb ungebremst ganze Weideflächen verunkrauten. ENTWEDER KONSEQUENT BEKÄMPFEN ODER GAR NICHT Im vergangenen Jahr holten die Mitarbeitenden der Burgergemeinde Burgdorf fast zwei Tonnen invasive Neophyten aus der Natur. Dies in den Siedlungsgebieten wie dem Choserfeld oder im grossen Garten hinter der Stadtbibliothek. Aber natürlich auch im burgerlichen Wald. «Wenn man nicht konsequent ran geht, hat man keine Chance», resumiert Simon Rieben, Bereichsleiter Wald bei der Burgergemeinde Burgdorf. «Die Burgergemeinde hat entschieden, die Verbreitung der schädlichen Pflanzen mit vertretbarem Aufwand zu verhindern», ergänzt er. Deshalb sei es wichtig, die betroffenen Flächen und Gebiete regelmässig und konsequent zu bearbeiten. Sonst nütze das alles nichts. Dementsprechend wurden im vergangenen Jahr viele Arbeitsstunden in die Beseitigung der invasiven Neophyten investiert. Wohin es führen kann, wenn man zu spät oder zu unentschlossen eingreift, zeigen Beispiele aus dem Tessin eindrücklich. Dort bedroht unter anderem der invasive Sommerflieder die spezifische Pflanzenwelt in den einzigartigen und schützenswerten Auengebieten. Dies wiederum führte zu negativen Auswirkungen auf die Schmetterlingspopulationen. Nun musste man erkennen und eingestehen, dass manche dieser Entwicklungen nicht mehr aufzuhalten sind. Die Bestände sind teilweise schon so weit fortgeschritten, dass die Beseitigung mit enormen Aufwänden und nur wenig Hoffnung auf Erfolg verbunden ist. Der Kanton Tessin entschied deshalb, invasive Pflanzen nur mehr dort zu bekämpfen, wo sie noch in der Minderheit sind. Also dort, wo die Chance besteht, wieder ein natürliches Gleichgewicht herstellen zu können.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=