Burger Journal 10 - November 2023

Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z.B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z.B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z.B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z.B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Leuenberger Herkunftsname auf -er zu einem Ort bzw. Ortsnamen Leuenberg. Es bietet sich die – nach steilem Anstieg oberhalb des Sommerhauses – früher Leuen(berg) genannte Anhöhe an der alten Strasse Burgdorf – Huttwil an (heute Eggen; Leuen- lebt fort im Leuenhölzli und in Leumberg, Wynigen). Während Berg leicht erkennbar ist («Anhöhe»), bleibt Leue(n)- unsicher. Die Lautform Leue(n)- könnte sich ergeben haben aus: 1) sd. Lēw «Hügel» (-berg verdeutlicht das nicht mehr verstandene Lēw); 2) dem Familiennamen Leu, zu sd. Löi («der Berg der Familie Leu»); 3) berndt. löijen «ausruhen» (nach dem ermüdenden Anstieg). Blösch Blösch ist ein altes Seeländer Geschlecht, und die Burgdorfer Blösch sind denn auch 1846 von Biel her eingeburgert worden. Sd. Blösch m. bezeichnet «eine Kuh mit weissem Stirnfleck, mit weissem Kopf» und mit Bezug auf einen Menschen steht es für «Glatze, Kahlkopf»; gelegentlich ist es auch ein Schimpfname für eine hellhaarige Frau oder für einen etwas unbeholfenen Menschen. Verwandt ist das Wort letztlich mit dem Adjektiv blass «kahl; von schwacher Farbe, bleich». Blösch ist dem ersten Träger vorerst als Beiname gegeben worden, vermutlich weil er eine Glatze hatte; typologisch ist es ein Übername (Typus 5). Heiniger Die Heiniger stammen ursprünglich aus dem Raum Dürrenroth / Wyssachen. In Wyssachen gibt es den Weiler Heimigen, der 1194 als ,Heimingin` erscheint. Die Belegreihe ist allerdings nicht einheitlich, manchmal lautet der Name auch ,Heiningen` (so etwa 1530) – und zu einer solchen Lautung ist Heiniger mit der Endsilbe -er gebildet als Herkunfts- oder Wohnstättenname. Heimigen selbst ist ein altalemannischer -ingenName und bedeutet «bei den Leuten des Heimo». Der Familienname müsste eigentlich Heimiger heissen; das zu ,Heiningen` gebildete Heiniger ist auf Heino, eine Kurzform zu Heinrich, eingedeutet worden. Bucher Die Buche, die bei uns verbreitete Baumart, steckt im Familiennamen Bucher (gesprochen mit -ue-). Bucher ist ein Wohnstättenname auf -er und kann verschieden gedeutet werden, einmal im Sinne von «wohnhaft bei einer (besonders auffälligen, grossen) Buche» (sd. Buech, Buechen f.), dann als «wohnhaft bei einem Buchenwald» (Buech n. «Buchengehölz»), oder aber der Familienname bezieht sich auf ein Gebiet, das Buech, Buechen geheissen hat. Die vielen Anschlussmöglichkeiten spiegeln sich auch in der Beliebtheit des Namens: Er belegt den 24. Platz in der Rangliste der häufigsten Namen der Schweiz. Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN LEUENBERGER (1844), HEINIGER (1846), BLÖSCH (1846) UND BUCHER (1846) GEDEUTET.

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