Burger Journal 09 - April 2023

wenig mit Bürgertum oder einer Bürgerschaft im heutigen Sinne zu tun hatte. Dennoch waren sie natürlich an den Regelungen der Handfeste interessiert und profitierten von Markt- und Handelsrechten ganz besonders. DIE BÜRGER UM 1273 Die zweite wichtige Bevölkerungsgruppe waren die zahlreichen Handwerker, Gewerbetreibenden und Krämer. Sie hatten zwar noch viele Jahre lang kaum politisches Gewicht und nicht vollumfängliche Burgerrechte, profitierten aber von den kaufkräftigen Stadtbewohnern und nicht zuletzt vom immensen Bedarf an Gütern des Haushalts auf dem Schloss. Denn die Kiburger bestellten trotz wachsender Geldnot reichlich Ware und Lebensmittel beim städtischen Gewerbe. Die Schmiede produzierten Waffen, die Bauleute waren fast ununterbrochen mit Ausbauten beschäftigt, und die Händler und Krämer lieferten die notwendigen Artikel des täglichen Bedarfs. Die Bedürfnisse des Hofs mit seinen vielen ständig oder zeitweise anwesenden Personen haben vermutlich das Auskommen eines Grossteils der Burgdorfer Bevölkerung gesichert. Diese komfortable NachfrageSituation – und natürlich die Stellung Burgdorfs als regionales Marktzentrum – sorgte dafür, dass die «arbeitende Bevölkerung» eine zunehmend bessere Verhandlungsposition gegenüber der Herrschaft erlangte. Doch bis zu einer echten Mitsprache der Bürgerschaft sollte es noch viele Jahrzehnte und eine gravierende machtpolitische Wende dauern. Immerhin gewann die «arbeitstätige» Bürgerschaft nach und nach an Gewicht und kam zu jenem Wohlstand, der ihnen später erlauben sollte auch Grundbesitz zu erwerben. Nebst den wirtschaftlich aufsteigenden Handwerkern und Kaufleuten gab es einzelne bürgerliche Familien, welche offensichtlich über beträchtliche Vermögen durch ihren angestammten Grundbesitz verfügten. So taucht in Kauf- und Verkaufsurkunden mehrfach ein gewisser Conrad Eigensatz, Bürger von Burgdorf und Solothurn auf, der dem Namen nach ein freier Mann mit eigenem Besitz war. Dieser stadtbürgerliche Grundbesitzer kaufte und verkaufte wie ein Bodenspekulant zahlreiche Güter, hauptsächlich Richtung Oberaargau. Solche Grossgrundbesitzer waren im Burgdorf des späten 13. Jahrhunderts noch die Ausnahme. Erst etwas später, insbesondere durch den sich abzeichnenden Niedergang der Neu-Kiburger und damit auch des Dienstadels, stiegen bürgerliche Familien auf. Eine der ältesten Ansichten Burgdorfs aus der Chronik des Johannes Stumpf zeigt die Befestigung und die bewirtschafteten Flächen vor den Toren der Stadt.

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