Burger Journal 11 - April 2024

BURGER JOURNAL11 April 2024 Aus dem Inhalt ----- WIE BÄCHE UND KANÄLE GESCHICHTE MACHTEN Das Burgdorfer Kanalsystem als Zeuge einer fulminanten Stadtentwicklung in früheren Jahrhunderten. SPORTFÖRDERPREIS FÜR OL-LEIDENSCHAFT Der Verein OL Regio Burgdorf gewinnt den Sportförderpreis 2023 der Burgergemeinde und feiert in diesem Jahr sein 50 jähriges Bestehen. GRÜNES KAPITEL IN DER STADTBIBLIOTHEK Neuerdings kann in der Stadtbibliothek nebst Büchern, CDs und Filmen auch Saatgut ausgeliehen werden.

Liebe Leserin, lieber Leser Christoph Bürgi, Burgerratspräsident Ein Grossteil der Burgdorfer Gewässer fliesst auf Land im Eigentum der Burgergemeinde. Dies ist historisch bedingt und nicht der hauptsächliche Grund, warum in dieser Ausgabe des Burger Journals über das örtliche Kanalsystem berichtet wird. Vielmehr ist es die aussergewöhnliche historische Bedeutung, welche die Fliessgewässer in der Entwicklung unserer Stadt hatten, die in dem folgenden Beitrag geschildert wird. Unsere Vorfahren hatten offensichtlich früh erkannt, dass eine nutzbar gemachte Wasserkraft ganz entscheidende Impulse für die Stadt als gewerbliches und später industrielles Zentrum der Region geben wird. Heute sind die vielen Wasserläufe quer durch unsere Stadt faszinierende Zeitzeugen der Geschichte. Im Rahmen der Sportnacht Burgdorf verlieh die Burgergemeinde ihren traditionellen Sportförderpreis. Die Auszeichnung ging an die OL Regio Burgdorf, die sich mit ihren zahlreichen Aktivitäten zu einem festen Bestandteil der regionalen Sportkultur entwickelt hat. Der Verein überzeugte unsere Sportkommission nicht nur durch sportliche Exzellenz, sondern auch durch ein grosses nachhaltiges Engagement im Kinder- und Jugendbereich. Nachhaltigkeit ist ein Stichwort, das die Burgergemeinde auch als Land- und Waldeigentümerin stetig beschäftigt. Mit der neu geschaffenen Saatgutbibliothek in der Burgdorfer Stadtbibliothek wollen wir ein gemeinschaftliches Bewusstsein für die grundlegenden Kreisläufe der Natur fördern. Und mit dem Projekt der Zeidlerei im Burgerwald lassen wir ein altes Handwerk zu Gunsten der Bienenpopulation und damit der Biodiversität aufleben. Nun wünsche ich Ihnen eine spannende, unterhaltsame Lektüre und eine gute Zeit.

Wie Bäche und Kanäle Geschichte machten MIT WASSERKRAFT UND PIONIERGEIST In früheren Jahrhunderten floss die Emme in unserer Gegend bis zu 200 Meter breit. An eine Besiedlung und Bewirtschaftung des Talbodens war wegen der ständigen Hochwassergefahr, dem unberechenbar sich wandelndem Verlauf und dem sumpfigen Terrain lange Zeit nicht zu denken. Auch eine Nutzung ihrer Wasserkraft war dementsprechend praktisch ausgeschlossen. Die Emme war zu wild, so dass sich sogar die Flösserei auf ihr sehr schwierig gestaltete. Dass die Wasserkraft trotzdem schon früh eine entscheidende Rolle in der Stadtentwicklung spielte, hat Burgdorf seinen Bächen zu verdanken, die von findigen Pionieren im Verlauf der Jahrhunderte zu einem ausgeklügelten Kanalsystem ausgebaut wurden. Die erste auch archäologisch nachweisbare Nutzung der Wasserkraft fand am Fuss des Schlossfelsens statt. Die Stadt Burgdorf war damals noch nicht gegründet, doch auf dem Felsen thronte bereits eine Burg. Und auf halber Höhe befand sich eine sogenannte Burgmanns-Siedlung, welche von den höfischen Dienstherren bewohnt wurde. Am Fuss des Felsens entstanden mehrere Handwerksbetriebe, die wahrscheinlich im Auftrag des Burgherrn diejenigen Güter herstellten, die zum Betrieb oder zum Ausbau der Burg nötig waren. Damit diese vorstädtische Gewerbesiedlung die mechanische Wasserkraft nutzen konnte, wurde vermutlich der Oberburgbach Richtung Burgdorf geleitet und um den Schlossfelsen herum zu den ersten Betrieben geführt. Jedenfalls scheint es erwiesen, dass eine Sägerei direkt am Fuss des Schlossfelsens und mehrere Handwerker in der sogenannten Holzbrunnensiedlung (heutige Mühlegasse) die Kraft des Wassers über Wasserräder zum Antrieb von SäDIE BURGDORFER BÄCHE UND KANÄLE PRÄGEN NICHT NUR DIE LANDSCHAFT UND DAS STADTGEBIET. SIE SIND AUCH ZEUGNIS EINER FULMINANTEN STADTENTWICKLUNG UND EINER GROSSEN VISION, DIE FRÜHERE GENERATIONEN IN BURGDORF SEIT DEM MITTELALTER OFFENSICHTLICH HATTEN.

< Kirchberg < Lyssach Burgdorf Oberburg 15 16 16 17 1 1 13 13 14 18 19 12 11 11 10 6 4 2 2 2 5 3 2 8 7 2 20 1 B C D 1 9 6 * * * * * * * * * gen, Mühlsteinen, Stampfen und Walken nutzten. «Wie genau die erste Wasserkraft-Nutzung zustande kam, ist heute schwer zu sagen», erläutert Beat Maurer, der sich intensiv mit den Burgdorfer Fliessgewässern beschäftigt und Führungen zu diesem Thema macht. «Klar ist aber, dass der heutige Mülibach für die städtische Entwicklung schon in den Anfängen vor über 800 Jahren von grosser Bedeutung war.» Der heute «Wöschhüslibach» genannte Abschnitt, der unterhalb der Rütschelengasse in den Mülibach fliesst, belieferte einst ein mittelalterliches Waschhaus mit dem nötigen Wasser. EIN STOLLEN DURCH DEN SCHLOSSFELSEN Das Burgdorfer Kanalsystem wurde über die Jahrhunderte weiter ausgebaut. Die Verfügbarkeit und mechanische Nutzbarkeit der Wasserkraft war jedoch immer von der stark schwankenden Wasserführung der das System speisenden Bäche abhängig. Wenn Biembach, Luterbach und Chrouchtalbach nach starken Gewittern Hochwasser oder in trockenen Sommern wenig Wasser führten, standen die Wasserräder in der Burgdorfer Gewerbesiedlung still. Für ihren Betrieb war ein möglichst gleichmässiger und regelmässiger Zufluss wichtig. Offensichtlich führte der zentrale Mülibach, der eben von den Oberburger Bächen gespiesen wurde, öfters zu wenig oder zu unregelmässig Wasser in die Gewerbesiedlung. Um eine Verbesserung zu erreichen und wohl auch um das hölzerne Bachbett um den Schlossfelsen herum zu ersetzen, brachen die Burgdorfer 1723 einen über 60 Meter langen Stollen durch das Gestein. Mit dieser «Abkürzung» erreichte man ein grösseres Gefälle und damit mehr Wasserdruck bei den mittlerweile zahlreicher gewordenen Gewerbebetrieben. Nun war ein solcher Stollen zu Beginn des 18. Jahrhunderts nicht gerade ein alltägliches Bauprojekt und bestimmt mit hohen Investitionen verbunden. Seine Realisierung macht umso deutlicher, wie wichtig den Burgdorfer Stadtherren der Ausbau einer zukunftsgerichteten städtischen Infrastruktur war. Hier wurde ganz offensichtlich in Visionen gedacht. WEITERHIN SCHWIERIGE WASSERREGULIERUNG Erst die allmähliche Zähmung und in den 1870er Jahren umfassende Korrektion der Emme eröffnete neue Lösungen für die komplexe Regulierung der Wassermengen im Kanalsystem. So entschieden die Burgdorfer bereits in den 1830er Jahren, einen stabilen Emmeabfluss zur Speisung der Kanäle zu bauen. Dies war die eigentliche Geburtsstunde des Gewerbekanals. Die gute Infrastruktur und die Anbindung an die Bahn machte Burgdorf auch für auswärtige Unternehmen attraktiv. Zahlreiche frühindustrielle Fabrikationsbetriebe, vor allem auch aus der boomenden Textilbranche, waren von einer zuverlässigen Wasserkraft abhängig. Deshalb Karte der Fliessgewässer in Burgdorf aus der gleich- namigen Publikation von Beat Maurer. (Ausschnitt) 1 Emme 9 Seitenkanal 17 Dorfbach 2 Mülibach 10 Wöschhüslibach 18 Füllbach 3 Lyssachteilbach 11 Oberburgbach 19 Lochbachweiher 4 Allmändbach 12 Brunnbach 20 Grundbach 5 Lyssachbach 13 Gewerbekanal 6 Kleine Emme 14 Heimiswilbach 7 Farbbach 15 Chrouchtalbach 8 Polieribach 16 Luterbach unterirdisch Kraftwerke *

wurden ab der Mitte des 19. Jahrhunderts grosse Anstrengungen zum Ausbau und zur Instandhaltung des Kanalsystems unternommen. Und dies noch vor der grossen, vom Bund finanzierten Emmekorrektion, die ab 1884 zur kompromisslosen Verengung und Begradigung des Flusses führte. So wurde etwa im Zusammenhang mit dem Emmeabfluss auch das einzigartige Wasserkreuz gebaut, in dem der Oberburgbach und der Emme dosiert entnommenes Wasser zusammenkommen, um dann als kleine Emme und Mülibach das Gewässersystem zu speisen. Der Wasserstand des Systems wird hauptsächlich an diesem Kreuzungspunkt reguliert. Das bestens funktionierende Kanalsystem beflügelte die wirtschaftliche Entwicklung Burgdorfs mit den aufblühenden Gerbereien, Webereien, Spinnereien und mechanischen Werkstätten entscheidend. Etwa 35 Betriebe nutzten mit eigenen kleinen Kraftwerken die Wasserkraft systematisch zum mechanischen Antrieb ihrer Maschinen. Und just in jener Zeit, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, trat die neue elektrische Kraft aufs Parkett. Mit den Erfindungen rund um die Nutzung und Verbreitung von elektrischem Strom für Licht und Kraft trat eine radikal neue Energieversorgung auf den Plan. Man hatte das dynamoelektrische Prinzip entdeckt, mit dem Bewegungsenergie (z.B. von Wasserturbinen) in elektrischen Strom umgewandelt werden konnte. VON DER WASSERKRAFTANLAGE ZUM ELEKTRIZITÄTSWERK «Die Burgdorfer Betriebe reagierten schnell und ersetzten die Wasserräder durch Turbinen und Generatoren zur Stromerzeugung», erläutert Beat Maurer die neue Nutzung der Wasserläufe, die für die wirtschaftliche Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiterhin bedeutsam blieb. Und auch heute werden auf Burgdorfer Stadtgebiet noch neun Kleinwasserkraftwerke betrieben, die jährlich zusammen etwa 3.3 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Dies reicht für circa 900 Haushalte und entspricht rund 3 % des gesamten Burgdorfer Strombedarfs. DIE ZEUGEN EINER MUTIGEN STADTENTWICKLUNG «Das gut erhaltene, rund 4.8 Kilometer lange Kanalsystem ist ein eindrückliches Zeugnis einer mutigen städtischen Entwicklungsgeschichte. Darum wollten wir die meist unbeachteten Fliessgewässer unserer Stadt besser sichtbar machen und ins Gespräch bringen», sagt Beat Maurer, der mit dem Rotary Club Burgdorf ein Projekt zur Beschriftung aller Bäche und Kanäle lancierte und umsetzte. Im Rahmen eines Gemeindienstprojekts hat der Rotary Club Burgdorf alle Wasserläufe beschriftet. Auf einer spielerischen und experimentierfreudigen Gewerbekanäle-Tour des Vereins Perlenkette Emme kann man übrigens viel Spannendes über die Burgdorfer Wasserkraft erfahren. Plan von 1875 für die Anlage eines neuen Kanales nebst Korrektion der kleinen Emme. (©Burgerarchiv Burgdorf)

Ein halbes Jahrhundert OL-Leidenschaft FÖRDERPREIS FÜR OL REGIO BURGDORF An der Burgdorfer Sportnacht vom Freitag, 15. März 2024, hat die Burgergemeinde Burgdorf den letztjährigen Sportförderpreis offiziell überreicht. Er ging an den Verein OL Regio Burgdorf, der für seine herausragende Nachwuchsförderung ausgezeichnet wurde. Die Verleihung erfolgt damit in einem für die Orientierungsläufer bedeutsamen Jahr: Sie feiern gleichzeitig das 50-jährige Bestehen ihres Vereins, welcher 2021 aus dem OLV Hindelbank hervorging. Die Laudatio anlässlich der Sportnacht unterstreicht die Bedeutung des Preises: «Die OL Regio Burgdorf hat sich nicht nur durch sportliche Exzellenz einen Namen gemacht, sondern auch durch ihr innovatives Engagement im Jugend- und Breitensport», betonte Catherine Kreis, Präsidentin der Sportkommission der Burgergemeinde. Der Orientierungslauf, eine anspruchsvolle Kombination aus physischer Ausdauer und geistiger Herausforderung, sei durch die Bemühungen des Vereins zu einem festen Bestandteil der regionalen Sportkultur herangewachsen. SPORTLICHES UND SOZIALES ENGAGEMENT Der Verein OL Regio Burgdorf ist geprägt von einer tiefen Leidenschaft für den Sport und dem Bestreben, Mitglieder nicht nur in sportlicher Hinsicht zu fördern. Er hat in den vergangenen 50 Jahren eine umfassende Palette an Aktivitäten entwickelt, die neben athletischen auch auf soziale Aspekte abzielen. Dies beinhaltet wöchentliche Trainings, Workshops, Wettkämpfe und Lager, die darauf ausgerichtet sind, die DER VEREIN OL REGIO BURGDORF GEWINNT DEN SPORTFÖRDERPREIS 2023 DER BURGER- GEMEINDE BURGDORF FÜR SEIN ENGAGEMENT IN DER NACHWUCHSFÖRDERUNG. DIE AUSZEICHNUNG HONORIERT GLEICHZEITIG DEN AUSSERORDENTLICHEN EINSATZ DES VEREINS ZUGUNSTEN DES ORIENTIERUNGSLAUFSPORTS. Foto: Andreas Marbot

Orientierungslauf-Fähigkeiten der Teilnehmer zu verbessern und gleichzeitig ein starkes Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Ein besonderer Fokus liegt auf der Jugendarbeit. Hier setzt der Verein auf Inklusion. Ein Konzept, das Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrem sportlichen Niveau die Möglichkeit bietet, Teil einer aktiven und unterstützenden Gemeinschaft zu sein. Die Aktivitäten reichen von grundlegenden Orientierungslauftechniken für Anfänger bis hin zu fortgeschrittenen Taktiken für erfahrene Läufer, was dem Verein erlaubt, eine breite Palette von Interessen und Fähigkeiten abzudecken. Die Verleihung des mit 10‘000 Franken dotierten Sportförderpreises ist eine Anerkennung der Arbeit, die der Verein in den letzten 50 Jahren geleistet hat. Er symbolisiert auch das Vertrauen in das weitere Potenzial des Vereins, den Orientierungslauf in der Region zu fördern und auszubauen. VOM HOBBY BIS ZUM SPITZENSPORT Die Bandbreite des Angebots spiegelt die Vielfalt der Mitglieder wider: Einige trainieren für den Spitzensport, während andere den Sport als Teil einer ausgewogenen Freizeitgestaltung sehen. Durch die Integration verschiedener Alters- und Leistungsstufen fördert der Verein ein Umfeld, in dem sich jedes Mitglied geschätzt und eingebunden fühlt. Dabei ist von Vorteil, dass der Verein OL Regio Burgdorf mit dem Schulsport und dem Kadettenwesen zusammenarbeitet. «Durch ein vielfältiges Angebot von Trainings über Workshops bis zu Wettkämpfen und Lagern, begeistert der OL Verein junge Menschen zwischen 8 und 18 Jahren für den Orientierungslauf», betont Catherine Kreis. Der Einsatz des Vereins belebe den Orientierungslauf in unserer Region und öffne vielen jungen Menschen die Tür zu diesem Sport. JUNGES LEITUNGSTEAM Die derzeit 45 Kinder und Jugendlichen werden von einem jungen Leitungsteam betreut. «Unser Altersdurchschnitt liegt unter 30 Jahren», sagt Rahel Zürcher, welche in der Jugendabteilung der OL Regio Burgdorf die Fäden zusammenhält. Sie selbst kam in der 8. Klasse zum Orientierungslauf, nachdem ihr vom OL-Sport begeisterter Bruder zuerst seine Eltern mit ins Boot geholt hatte. Nicht selten komme es vor, dass sich wie bei ihr ganze Familien für diese Sportart begeistern würden. Insgesamt zählt der Verein heute 240 Mitglieder, wobei insbesondere der Nachwuchs in den letzten vier Jahren starken Zulauf erfahren hat. «Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die uns lange die Treue halten», sagt Rahel Zürcher. Zudem würden viele vom Schulsport in den Verein wechseln. Trainiert wird in den Wäldern rund um Burgdorf, etwa auf der Rothöhe. Zum Training am späten Mittwochnachmittag trifft sich die Gruppe in der Stadt, um anschliessend mit den Velos in den Wald zu fahren. Neben Übungsläufen im Wald, die quasi als Basis dienen, wird aber auch regelmässig die Ausdauer trainiert. Das Preisgeld will der Verein in laufende und künftige Projekte der Kinder-, Jugend- und Nachwuchsarbeit innerhalb der OL Regio Burgdorf investieren. «Wir wollen so weitermachen wie bis jetzt und deshalb soll es ein Preis für alle sein und der ganzen Gruppe zugute kommen», betont Rahel Zürcher.

Die Stadtbibliothek schlägt ein grünes Kapitel auf SAATGUTBIBLIOTHEK EIN BEITRAG ZUM ERHALT DER BIOLOGISCHEN VIELFALT Am Donnerstag, 25. April 2024, öffnet die Stadtbibliothek Burgdorf ihre Türen für ein ganz besonderes Projekt: eine Saatgutbibliothek. Burgdorf geht damit einen grünen Schritt weiter und weitet das Konzept des Teilens auf die Welt der Pflanzen aus. Doch was genau bedeutet das und wie funktioniert eine Saatgutbibliothek? Anstatt Bücher, Filme oder CDs, können Besucherinnen und Besucher hier Samen «ausleihen», um diese zu Hause zu pflanzen. Nach der Ernte wird ein Teil des Saatguts zurück in die Bibliothek gebracht, wodurch ein Kreislauf des Teilens und Bewahrens entsteht. Diese Art der Saatgut-Vermehrung ist kein einfacher Akt. Sie erfordert Sorgfalt und ein Bewusstsein für die Qualität und Herkunft des Saatguts. Die Stadtibliothek stellt hierfür spezielle Tüten bereit, die mit wichtigen Informationen wie Pflanzennamen, Sorte, Erntedatum und Anbauort beschriftet werden sollen. Es wird Wert darauf gelegt, dass das zurückgebrachte Saatgut unbehandelt ist und vorzugsweise von alten, lokalen Sorten stammt. So wird ein Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Pflege alter Pflanzenarten geleistet. BEGLEITVERANSTALTUNGEN Ein wichtiger Aspekt der Saatgutbibliothek ist auch die Gemeinschaft, die sich um sie bildet. Im Eröffnungsjahr 2024 sind diverse Begleitveranstaltungen geplant, die das Bewusstsein für die Bedeutung von Saatgut stärken und den Austausch zwischen GärtneAM 25. APRIL 2024 ERWEITERT DIE STADTBIBLIOTHEK BURGDORF IHR AUSLEIHKONZEPT MIT EINER SAATGUTBIBLIOTHEK: BESUCHERINNEN UND BESUCHER KÖNNEN SAATGUT AUSLEIHEN, ANBAUEN UND TEILEN. SO ENTSTEHT EIN GRÜNES PROJEKT FÜR NACHHALTIGES GÄRTNERN UND ARTENVIELFALT.

rinnen und Gärtnern aller Altersklassen fördern sollen. Diese Veranstaltungen dienen nicht nur der Unterhaltung und Bildung, sondern auch dem Aufbau einer Gemeinschaft, die durch gemeinsame Interessen und Ziele verbunden ist. So entsteht eine Art Bildungszentrum, an welchem Wissen über Gartenbau, Pflanzenpflege und ökologische Zusammenhänge vermittelt wird. KEINE BURGDORFER ERFINDUNG Die Idee einer Saatgutbibliothek ist zwar nicht neu, doch ihre Umsetzung in Burgdorf ist ein beispielhaftes Modell für Nachhaltigkeit und lokales Engagement. Weltweit gibt es ähnliche Initiativen, die den Austausch von Saatgut fördern und damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt leisten. Sie bieten eine wichtige Alternative zur industriellen Landwirtschaft und tragen zur Erhaltung einer reichen Sortenvielfalt bei. Die Saatgutbibliothek in Burgdorf ist ein Beispiel dafür, wie moderne Gemeinschaften alte Traditionen neu beleben und für die Zukunft bewahren können. Sie zeigt, wie durch die Kombination von Umweltschutz, Bildung und Gemeinschaft ein kleiner Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Welt gemacht werden kann. Mit ihrer Eröffnung wird nicht nur ein neues Kapitel für die Stadtbibliothek Burgdorf, sondern auch für die Bewohnerinnen und Bewohner Burgdorfs sowie für die Umwelt geschrieben. Begleitveranstaltungen im Eröffnungsjahr 25. April 2024 - Eröffnungsanlass Saatgutbibliothek inkl. Apéro: Wer mag, kann unter Anleitung Saatgut einpflanzen und heimnehmen. Ein kleiner grüner Apéro rundet die Veranstaltung kulinarisch ab. 12. Juni 2024 - Workshop für Kinder: «Einhorngagis» selber herstellen. Aus lehmiger Erde werden Kugeln gebastelt und weitere lustige Dinge, welche Samen enthalten. 18. August 2024 - Samen und Früchte in freier Wildbahn: Auf einem Spaziergang durch Feld und Wald werden Wildpflanzen gesucht, die sich für den Naturgarten eignen. 7. September 2024 - Samen genau beobachtet: Workshop für Jugendliche und Erwachsene. Mit verschiedenen Zeichnungs-, Mal- und Drucktechniken werden Farben und Formen von Samen erforscht. 26. Oktober 2024 - Mit Kletten, Flügel oder Kleber: In diesem Workshop für Jugendliche und Erwachsene werden Früchte und Samen genauer unter die Lupe genommen. Ein Blick auf biologische Wunderwerke. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. Infos unter: www.stadtbibliothek-burgdorf.ch

Die Bienenretter im Burgerwald IN DEN WÄLDERN RUND UM BURGDORF WURDE EINE URALTE TRADITION NEU BELEBT. DIE LETZTHIN IN FÜNF FÖHREN GESCHLAGENEN NISTHÖHLEN SIND EINE REMINISZENZ AN DIE VOR JAHRHUNDERTEN WEIT VERBREITETE ZEIDLEREI. «Streng genommen betiteln wir diese Art von Nistplätzen nicht als Zeidler- sondern vielmehr als Stamm- oder Biodiversitätshöhlen», sagt Raphaèle Piaget, Projektleiterin beim Verein Freethebees. Sie seien aber in ihrer Anlage von der Zeidlerei abgeleitet. Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass Zeidler, die mittelalterlichen Vorfahren der Imker, Bienen in Waldgebieten hielten. Sie nutzten natürliche Baumhöhlen oder schlugen Höhlen in Bäume, um den Insekten ein Zuhause zu bieten. Der Honig und das Wachs waren wertvolle Güter. Die moderne Version dieser Tradition zielt darauf ab, Arten zu unterstützen, die auf Baumhöhlen angewiesen sind, wie z.B. Fledermäuse und zahlreichen Insektenarten, die nebst der Honigbiene in Baumhöhlen leben und nisten.. Und falls sich in die im Burgdorfer Wald geschlagenen Höhlen auch Honigbienen einnisten würden, so kämen diese in ein spezielles Monitoring-Programm, wie Raphaèle Piaget erklärt. www.freethebees.ch In Burgdorfs Wäldern summt und brummt es neuerdings auf ganz besondere Weise. Denn ein uraltes Handwerk erlebt hier eine Renaissance: Die Zeidlerei. Diese Kunst, Bienen in Baumhöhlen zu halten, wurde einst weitläufig praktiziert, geriet aber vielerorts in Vergessenheit. In Burgdorf sollen vorab die wildlebenden Honigbienen von den neu geschlagenen Zeidlerhöhlen profitieren. Verantwortlich für die unlängst geschlagenen Höhlen ist der Verein Freethebees, der von Mitgliedern des hiesigen Natur- und Vogelschutzes kontaktiert wurde. Ein Volk Wildbienen hatte sich in einer alten Schwarzspechthöhle niedergelassen. Freethebees, bekannt für seine Bemühungen um nachhaltige Imkerei und die Förderung der Biodiversität, griff diese Gelegenheit auf: In Zusammenarbeit mit Experten und dem Forstbetrieb der Burgergemeinde wurden in fünf Föhren im Burgerwald Zeidlerhöhlen geschlagen. Diese dienen nun als Zufluchtsorte und Nistplätze für Wildbienen. Foto: Manfred Eichele / zvg. freethebees.ch

Bei der Deutung von Familiennamen unterscheidet man folgende Typen: 1. Rufnamen: Benennung nach Vater-, seltener Mutternamen, z.B. Friedrich, Annen 2. Herkunftsnamen: Zugezogene nach ihrer Herkunft, z. B. von Siebenthal, Basler 3. Wohnstättennamen: Einheimische nach ihrem Wohnort, z. B. Imhof, Wegmann 4. Berufsnamen: nach Tätigkeit, Amt, gesellschaftlicher Stellung, z. B. Bauer, Müller, Vogt 5. (Berufs-)Übernamen: nach körperlicher, charakterlicher, biographischer Eigenheit oder beruflicher Tätigkeit, z. B. Schön, Hässig oder Hammer. Man kann Familiennamen in der Regel deuten und sie dem zugrunde liegenden Ruf- oder Ortsnamen (Typen 1 bis 3) oder Gattungswort (Typen 4 und 5) zuordnen. Verliehen worden ist der Name dem ersten Träger aufgrund eines besonderen Merkmals. Roller Geboren wurde der 1851 eingebürgerte Robert Roller in Erzingen (Württemberg). Im Süddeutschen also muss Roller sprachlich verortet werden. Passend ist die -er-Bildung zu mhd. rollen «rollen»: als Berufsname für den Fuhrmann des Rollwagens (frühnhd. roller m., zu: rollend bewegen) oder als Übername für den irgendwie an einen Kater Erinnernden (schwäbisch Roller m. «Kater», zu: schnurren, rollendes Geräusch machen). Mit der -er-Endung kann aber auch der Nachkomme benannt werden: Roller als der Sohn eines Roll, zum altdeutschen Rufnamen Rollo (verkürzt aus einem Vollnamen mit ahd. (h)ruod «Ruhm», etwa Ruodolf). Mauerhofer Die Mauerhofer, eingebürgert von Trub (dort 1592 erstmals genannt) her, leiten ihr Geschlecht von einem Siedlungsnamen Mauerhof (mundartlich: Murhof) ab, als Herkunftsname gebildet mit der Silbe -er. Einen Murhof finden wir in Trub oder in seiner näheren Umgebung allerdings nicht. Jenseits der Kantonsgrenze aber, nämlich im luzernischen St. Urban und in Sarnen (OW), gibt es je einen passenden Murhof, wobei sd. Mūr f. «Mauer» (mit langem -ū-) einen Hinweis auf alte Mauerstellen oder mauerähnliche Geländeformationen geben wird, und sd. Hof m. einfach «Bauerngut» meint. Fröbel Fröbel ist ein ursprünglich in Thüringen ansässiges Geschlecht. Für die Herleitung wird ein Zusammenhang mit dem Adjektiv mhd. vrevel, auch etwa vrebel und vorebil «mutig, unerschrocken, keck, frech» erwogen. Fröbel wäre dann an vrebel oder v(o)rebil mit Rundung von -e- zu -ö- anzuschliessen, und der Übername (Typus 5) dürfte motiviert sein durch das grosse Selbstbewusstsein des ersten Fröbel. Oder steckt ein alter Personenname in Fröbel? In Frage käme der altdeutsche Rufname Frawibald, historisch auch Frowipald und Frobald, zu ahd. frō m. «Herr» (wie in Fro(n)dienst) oder ahd. frō «flink, froh». Sänger Sänger, mhd. senger m., also jemand, der singt, ein Berufs- oder Amtsname? Zu vergleichen wäre Sänger mit dem gleichbedeutenden Namen Singer. Die Tätigkeit des Sänger Genannten könnte je nach Lebensumständen präzisiert werden als Liederdichter, Spielmann oder Kantor. Oder steckt in Sänger eine ganz andere Berufsbezeichnung, nämlich für denjenigen, der durch Feuer rodet (mhd. sengen)? Was dem Sänger sprachlich zugrunde liegt, muss offenbleiben, im deutschen Sprachraum sind beide Möglichkeiten zu erwägen (die 1854 eingebürgerten Sänger stammen ursprünglich aus Deutschland). Abkürzungen: sd. = schweizerdeutsch / germ. = germanisch / mhd. = mittelhochdeutsch / ahd. = althochdeutsch / frühnhd. = frühneuhochdeutsch / lat. = lateinisch / Bed. = Bedeutung / m.-f.-n. = maskulin - feminin - neutral / * = erschlossene, so nicht belegte Form Serie: Burgerliche Namen MIT EINER FORTLAUFENDEN SERIE ERLÄUTERN WIR DIE BEDEUTUNG DER NAMEN VON BURGERN IN DER CHRONOLOGISCHEN REIHENFOLGE IHRER AUFNAHME IN DIE BURGERGEMEINDE. IN DIESER AUSGABE WERDEN DIE NAMEN ROLLER (1851), FRÖBEL (1853), MAUERHOFER (1854) UND SÄNGER (1854) GEDEUTET.

Informationen Seit Februar 2024 ist Florian Schär als Assistent der Geschäftsführung und Mitarbeiter im Bereich Finanzen bei der Burgergemeinde angestellt. Zuvor war der 42-jährige Burgdorfer bei der Einwohnergemeinde Langnau als Sachbearbeiter MandatsbuchhalCarina Guggisberg hat im März 2024 die Prüfung zur Immobilienbewirtschafterin mit eidg. Fachausweiserfolgreich bestanden. Die gelernte Bahnbetriebsdisponentin SBB arbeitet seit 2019 im Immobilienbereich und betreut seit August 2022 das Tagesgeschäft der Liegenschaftsverwaltung der Burgergemeinde Burgdorf. Als Mutter von zwei jungen Erwachsenen ist ihr der teilweise turbulente Alltag, mit Mietern, Handwerkern und der Vermietung des Siechenhauses, nicht fremd. Privat engagiert sich die 44-jährige im Gemeinderat ihrer Wohngemeinde Aefligen. Auf Initiative des Schweizerischen Verbands der Bürgergemeinden und Korporationen findet am 14. September 2024 erstmals ein nationaler Tag der Bürgergemeinden statt. Ziel ist es, deren Vielfalt und Engagement einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Burgergemeinde Burgdorf wird aus diesem Anlass im Park hinter der Bibliothek einen Jahrmarkt mit verschiedenen Attraktionen und Foodtrucks veranstalten. Zudem wird die Ratskanzlei am Kirchbühl 25 für eine freie Besichtigung mit vielen spannenden Informationen ihre Türen öffnen. HERAUSGEBER Burgergemeinde Burgdorf Kirchbühl 25, 3400 Burgdorf Tel. 034 422 31 19 www.burgergemeinde-burgdorf.ch KONZEPT DESIGN TEXT YOUHEY Communication, Burgdorf DEUTUNG FAMILIENNAMEN Dr. Andreas Burri BILDER Adrian Gebhard, Peter Ruch, zvg DRUCK Haller+Jenzer AG, Burgdorf AUFLAGE 11’000 Ex. Das Burger Journal erscheint zweimal jährlich NEUER MITARBEITER NATIONALER TAG DER BURGERGEMEINDEN HERZLICHE GRATULATION tung tätig. Florian Schär ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Zudem ist er ein aktives Mitglied der Burgdorfer Gymnasiumsverbindung Bertholdia. «An meiner Arbeit fasziniert mich der historische Hintergrund der Burgergemeinde», so der gelernte Kaufmann. «Ihr Engagement zeichnet sich durch nachhaltiges, weitsichtiges und vorausschauendes Denken und Handeln aus.»

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